Freitag, 24. April 2009

Vom Begleiten in schweren Zeiten

„Ballspielverein Borussia aus Dortmund – Wir folgen Dir egal wohin es geht“ ist für mich das schönste und emotionalste Stadionlied seit was-weiß-ich-denn-wie-lange. Falls Sie zufällig hier reingeschneit sind, fußballuninterssierte Moderator eine Videospielsendung, Ostfriese oder einfach die letzten Jahre berufsbedingt nicht auf diesem Planeten verbracht haben und daher keine Ahnung wovon ich hier rede erklär ich das Ritual einfach mal. Nur damit Sie, falls Sie sich zufällig ins Stadion verirren während meine Borussia spielt, nicht unbeliebt machen.

Irgendwann gibt der Capo das Zeichen zum hinsetzen und mehr oder weniger die komplette Kurve skandiert „Hinsetzen, hinsetzen“, um selbiges dann auch im Anschluss zu tun. Stellen Sie sich nun die Melodie von „Im Wagen vor mir“ vor. Falls das Lied nicht bekannt ist: Das ist ein ziemlich einfacher Schlager, mag man privat nicht hören und eignet sich daher ideal fürs Stadion. Nun singen Sie also bitte gemeinsam folgenden Text:

„Ballspielverein Borusia aus Dortmund, wir folgen Dir egal wohin es geht. Auch in den schweren Zeiten werden wir die stets begleiten, Borussia wird sind immer für Dich da. Schalalalalala. Ab dem „Schalalalalala“ stehen Sie bitte auch und hüpfen. Das mag Ihnen vielleicht extrem dumm vorkommen, falls Sie der von mir weiter oben beschriebene Marsbewohner sind, für uns BVB Fans ist das aber emotional unglaublich aufgeladen. Wobei ich auch nicht weiß, warum sich alles in diesem Song kanalisiert. Vielleicht weil wir jahrelang nicht mehr zu feiern hatten, wir dieses Jahr wohl auch nicht in den UEFA Cup kommen, aber endlich wieder eine Einheit mit der Mannschaft sind. Wahrscheinlich kommt das der Antwort recht nah.

Wenn ich mir die letzten Jahr anschaue, dann waren da Fans unterwegs und eine Mannschaft. Beide hatten Respekt voreinander und mochten sich auch, waren aber irgendwie in anderen Welten. Auch wenn man dieselben Trikots trug. Dann kam Jürgen Klopp und zum ersten mal seit Jahren hat man das Gefühl, dass da einer ist, der den Fans zuhört und für den die nicht Schwenkfutter für PREMIERE sind. Und ich habe das Gefühl, dass wir EINE Mannschaft sind. Die einen machen ihre Aufgabe da unten auf dem Rasen und die anderen oben auf den Rängen. Aber es ist ein Team. Was im Moment so support-technisch beim BVB abgeht ist wirklich unfassbar. Die von Jürgen Klopp versprochenen Vollgas-Veranstaltungen finden eben ziemlich oft auf dem Rasen statt, aber auch auf der Tribüne. Das ist mein BVB und ich würde für den Club auf den Mond reisen.

Mit den im Lied beschriebenen schweren Zeiten ist das aber so eine Sache. Ich bin BVB Fan seit ich 6 bin. Ich bin also in der Zweitklassigkeit zum Verein gekommen. Für mich war der BVB immer da. Einfach ein Teil meines Lebens. Meiner Familie. Und meine ganze Jugend war Fußballtechnisch eine „schwere Zeit“. Bis ich 1989 zum erstenmal einen Titel bejubeln durfte. Der DFB-Pokal! In den Händen der BVB Spieler! Dass es so was gibt hätte ich mir niemals träumen lassen. Leider habe ich in den 90er Jahren eine Fußballkrise gehabt und daher den Gewinn der Champions-League nicht so emotional mitbekommen, wie das hätte sein sollen. Schade eigentlich. Aber es gibt schlimmeres. Weil schöner als Titel gewinnen ist nicht absteigen. Denn da geht es um Deine Existenz. Wenn du absteigst heißt es für Dich Koblenz statt Sch***e. So grauenhaft ich die Blauen finde. Es gibt nichts schöneres als die zu besiegen. Und nicht absteigen emotionalisiert. Es gibt zweimal fünf Minuten in meinem Leben, die mir im Hirn festgebrannt sind. Die Momente nach am 11.09. als das zweite Flugzeug in World Trade Center einschlug und das 3:1 von Jürgen Wegmann in der Nachspielzeit des Relegationsspiels gegen Fortuna Köln. Soviel Alzheimer kann ich nicht bekommen, dass ich das jemals vergesse. Niemand der dabei war wird das vergessen. Niemals!

Trotzdem: Auch wenn man natürlich in schweren Zeiten zum Verein steht: Man fährt halt lieber zum Verein, wenn es um was geht. Und wer sich darüber beschwert, dass Fußball immer mehr zum Event wird und sich gleichzeitig über den super Auswärtssupport freut, der sollte schauen ob er den Fehler selbst findet. Die Wahrheit ist nämlich: Jeder hat irgendwann mal keine Lust. Natürlich bin ich auch unter Doll regelmäßig zum Fußball gefahren, aber das Grottengegurke war teilweise wirklich schlimm. Und wenn man so Spiele wie das 0:4 in Wolfsburg erlebt, dann fragt man sich was das soll. Ich war in Eiseskälte früh morgens unterwegs und nach dem 0:2 nach 10 Minuten war klar, dass ich im Bett hätte liegen bleiben können. Und ich würde wohl nicht zum Spiel nach Frankfurt fahren, obwohl ich weiß, dass die tollste Frau von Welt wo gibt total gerne mit mir zwei Tage aufs Osterstraßenfest will, wenn wir nicht so geil spielen würden im Moment. Sondern ich hätte es auf Premiere gesehen und das lange Wochenende genossen. Nun fahr ich doch werde ich doch fahren, aber ich schäme mich.

Ja, lieber BVB, auch ich bin manchmal schwach und ziehe Dir andere Sachen vor. Denn so masochistisch ich auch bin, manchmal will ich doch nicht 500 km fahren und wissen, dass wir keine Chance haben. Ich bin nur ein Mensch. Und trotzdem habe ich das recht „auch in den schweren Zeiten werden wir dich stets begleiten“ zu singen, lieber BVB.

Denn eines verspreche ich dir: Selbst 11 Thomas Dolls würden mich niemals von Dir trennen können.

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen