Montag, 28. Juni 2010

Oligarchen, Scheichs und Hörgerätehersteller

Ich habe natürlich gestern das Spiel gegen England gesehen. Wir haben schließlich danach eine Folge unserer kleinen WM Show aufgezeichnet. Ich bin ja an sich nicht so der ganz große Fan der deutschen Nationalmannschaft, aber wenn es gegen England geht, bin ich immer mit ganzem Herzen dabei. Ich hasse England. Nicht als Land. Im Gegenteil. Ich fühle mich auf der Insel eigentlich immer sehr wohl und komme mit der Mentalität dort hervorragend klar. Aber ich verabscheue alles, was mit englischem Fußball zu tun hat. Das war mal ganz anders.

Ich war früher ein großer Bewunderer des englischen Fußballs und vor allem seiner Fans. Doch das hat sich inzwischen geändert. Was soll man auch am englischen Fußball noch gut finden? Dass die Clubs inzwischen nur noch das Spielzeug reicher Männer sind? (Wobei man die freie Auswahl hat, ob man einen russischen Oligarchen, einen arabischen Scheich oder ein paar amerikanische Heuschrecken-Ivestoren am schlimmsten findet) Oder dass die englischen Fans inzwischen fast alle jenseits der 40 sind und man junge Leute mit der Lupe suchen muss? Oder die unverschämten Eintrittspreise? Oder den Umstand, dass Sitzplätze nur noch eine Erinnerung an gute alte Zeiten sind und die Stewarts die Fans zum Hinsetzen auffordern, wenn man steht? Oder dass man weder im Stadion noch auf dem Weg dahin Bier trinken darf? Man muss Nekrophil sein, um ein Fan des englischen Fußballs zu sein.

Wer es noch nicht kennt, dem sei ein „Panorama“ der BBC von 1964 über „The Kop“ in Liverpool empfohlen. Wenn man die unfassbare Leidenschaft und Begeisterung anschaut mit der die Leute damals dabei waren, möchte man heulen, wenn man heute einen Blick in eine englische Kurve wirft. Ich war früher ein Fan der englischen Nationalmannschaft. Mein Besuch in der englischen Kurve bei der EM 1988 gegen die Niederlande ist nach wie vor ein Erlebnis, was mich bis heute begeistert. Diese Zeiten sind vorbei.

Alles am englischen Fußball ist aktuell scheiße und ich freue mich wie die Sau, dass die gestern mal eine Klatsche bekommen haben. Ich habe Abends drei Stunden die Kommentare zum Spielbereicht des Guardian gelesen und konnte nicht genug bekommen. Und ich freue mich noch mehr, dass – bei aller Scheiße, die es auch in Deutschland gibt – die Bundesliga und der deutsche Fußball doch der lebendigste und fanfreundlichste ist. Die Liga prosperiert, wie haben eine tolle Fankultur und auch jede Menge junge Leute im Stadion. Trotzdem muss man das auch als Verpflichtung sehen, denn das es so bleibt ist alles andere als selbstverständlich. Erfolg weckt immer Begehrlichkeiten und lockt Leute an, die besser weg geblieben wären. Und die sind in Deutschland schon da. Bei uns sind es nicht die Scheichs und Oligarchen, die große Vereine kaufen, sondern Konzerne und Laureus-Preis Träger, die sich kleine Vereine halten. Oder profilneurotische Hörgerätehersteller, die die 50+1 Regel knacken wollen.

Haut ab nach England, da wird Euer Fußball gespielt.

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